„Wollen eine neue Ehrlich-Orgel bauen”
Die Orgel im Münster ist verstummt, die Innenrenovierung des Gotteshauses hat begonnen. Das neue Instrument soll Ende 2022 – 250 Jahre nach der Original-Ehrlich-Orgel – eingeweiht werden.
Die katholische Kirchengemeinde St. Johannes hat die Erlaubnis der Diözese Rottenburg-Stuttgart erhalten, eine neue Münsterorgel anzuschaffen. Wenn der Zeitplan für die Münster-Innenrenovierung und den Orgelbau eingehalten werden können, erklingt das neue Instrument erstmals Ende 2022.
Peter Striffler, der Leiter des Katholischen Verwaltungszentrums, beziffert die Gesamtkosten auf 690 000 Euro und Kirchenmusikdirektor Michael Müller ist froh, dass es nun endlich losgeht, nachdem bereits vor 17 Jahren ein Gutachten die massiven Probleme der Orgel detailliert auflistete und seit 15 Jahren schon eifrig für das Nachfolge-Instrument gesammelt wird. 400 000 Euro sind nun vorhanden, 290 000 Euro fehlen noch und Spenden sind stets willkommen.
Michael Müller berichtet im Gespräch mit unserer Zeitung über die lange Geschichte der Orgel, die Fehler von 1928 und 1972, und die Konsequenzen für die Zukunft: „Erste Angaben über eine Orgel finden sich um 1584. 1690 wurde von Orgelbauer Georg Götz aus Bamberg eine neue Orgel eingebaut, die von Johann Philipp Seuffert (Würzburg) 1729 um fünf Register erweitert wurde. Ab 1744 führte Johann Adam Ehrlich (Wachbach) eine jährliche Wartung der Orgel durch. Da im Laufe der Zeit immer umfangreichere Reparaturen notwendig wurden, baute er 1772/1773 ein neues Werk. Von den 22 Registern dieser Orgel übernahm Ehrlich zehn aus der Vorgängerorgel, die anderen zwölf wurden neu angefertigt. Das Gehäuse stammt vom Bad Mergentheimer Künstler Michael Bleitzhöfer.
1928 wird anstelle der ’unbrauchbar gewordenen alten Orgel’ ein Instrument von Gebr. Späth, Mengen-Ennetach, mit 39 Registern auf drei Manualen und Pedal erbaut. Allerdings schrieb schon 1952 (also gerade 24 Jahre nach dem Bau dieser Orgel) Orgelrevident Bonitz, die Orgel der Stadtpfarrkirche sei in Technik und Klang veraltet und nicht mehr tragbar. Orgelrevident Böhringer empfiehlt 1960 einen Neubau der Orgel. Dies wird schließlich 1972 realisiert.
Die Walcker-Orgel von 1972: Doch leider war auch diese Entscheidung nicht glücklich. Zu sehr wurde auf den Preis geschaut, ein Umstand, welcher nun fast 50 Jahre später enorme klangliche und ästhetische Probleme aufwirft. Der Orgelsachverständige Matthias Ankenbrand erstellte 2003 ein Gutachten und er bemängelte sowohl den Standort der Orgel auf der zweiten Empore, als auch die Aufstellung der Windladen hinter dem Prospekt (nebeneinander, auf Sturz), die Pfeifen, die chromatisch nebeneinander stehen, das Klangbild und das vorhandene, zu kleine Gehäuse, das ursprünglich nur für 22 Register gedacht war. Die Walcker-Orgel besitzt nun 35 Register. Dies schafft natürlicherweise Probleme, da die Pfeifen zu eng stehen. Zudem sind die Prospektpfeifen zu kurz und ragen nicht bis hinter die Schleierbretter, so dass unschöne Lücken entstehen. Die Spieltraktur ist außerdem insgesamt wenig repetierfreudig und die Pedaltraktur zeigt störende Klappergeräusche. Das Pfeifenwerk ist für Wartungsarbeiten (Stimmung, Intonation) fast unzugänglich.”
Das habe nun ein Ende, so Müller, der sich ungemein freut, dass die Firma Orgelbau Rensch aus Lauffen am Neckar inzwischen den Auftrag für den Neubau einer Orgel im Münster St. Johannes bekommen hat. Durch den Abbruch der zweiten Empore (diese wurde erst 1884 eingebaut) werde die neue Orgel im historischen Gehäuse von 1772 wieder auf der ersten Empore ihren Platz finden, so Müller. Dabei werde auch der Prospekt in seine ursprüngliche Fassung zurückgeführt. „Klanglich wird die Orgel wieder an ihren Ursprung im 18. Jahrhundert erinnern, ohne jedoch einfach zu kopieren. Dafür sorgen klangliche Ergänzungen in Bezug auf die Register sowie moderne Spielhilfen.”
Müller weiter: „Die finanzielle Gesamtsituation lässt noch nicht den kompletten Ausbau der Orgel zu. Einige Register werden zwar vom Platz vorbereitet, sind aber noch nicht eingestellt. Die Münstergemeinde St. Johannes hofft jedoch auf viele Orgelfreunde, welche an der weiteren Verwirklichung dieses Ausbaus helfen werden.”
Ein Instrument, das dem Münster würdig sei und in die Zukunft weise, soll künftig die Kirchenbesucher erfreuen, erklärt der Kirchenmusikdirektor, der auch daran erinnert, dass man nach 2003 zunächst noch – aus Kostengründen – eine Restaurierung oder einen Umbau überlegte, dann aber diese Pläne zum Glück verwarf, „denn die Orgel ist konstruktiv und von ihrem Platz her an der falschen Stelle. Und vor allem das allzu große Sparen in der Vergangenheit rächt sich nun schon wieder nach 48 Jahren. Ein gutes Gegenbeispiel ist dazu die Orgel in der Marienkirche, sie besteht seit 1903 und wurde 1996 nur restauriert“, so Müller: „Am Ende ist doch die Qualität entscheidend!”
Im Münster baue man innerhalb von 100 Jahren mittlerweile die dritte Orgel. „Jetzt bin ich aber sicher”, sagt Müller, „dass wir eine Firma haben, die es gut macht und eine bessere Qualität gewährleistet, mit einer Lebensdauer von mindestens einem Jahrhundert”.
Im September gibt es zwei Konzerte in der Marienkirche, um weitere Spendengelder zu sammeln. Verschiedene musikalische Veranstaltungen sind zudem in der Überlegung, aber die Corona-Krise bremst hier aktuell die Aktivitäten ein wenig aus.
Sascha Bickel, Fränkische Nachrichten, 03.08.2020, www.fnweb.deDie Orgel im Münster ist verstummt, die Innenrenovierung des Gotteshauses hat begonnen. Das neue Instrument soll Ende 2022 – 250 Jahre nach der Original-Ehrlich-Orgel – eingeweiht werden.
Bad Mergentheim. Die katholische Kirchengemeinde St. Johannes hat die Erlaubnis der Diözese Rottenburg-Stuttgart erhalten, eine neue Münsterorgel anzuschaffen. Wenn der Zeitplan für die Münster-Innenrenovierung und den Orgelbau eingehalten werden können, erklingt das neue Instrument erstmals Ende 2022.
Peter Striffler, der Leiter des Katholischen Verwaltungszentrums, beziffert die Gesamtkosten auf 690 000 Euro und Kirchenmusikdirektor Michael Müller ist froh, dass es nun endlich losgeht, nachdem bereits vor 17 Jahren ein Gutachten die massiven Probleme der Orgel detailliert auflistete und seit 15 Jahren schon eifrig für das Nachfolge-Instrument gesammelt wird. 400 000 Euro sind nun vorhanden, 290 000 Euro fehlen noch und Spenden sind stets willkommen.
Michael Müller berichtet im Gespräch mit unserer Zeitung über die lange Geschichte der Orgel, die Fehler von 1928 und 1972, und die Konsequenzen für die Zukunft: „Erste Angaben über eine Orgel finden sich um 1584. 1690 wurde von Orgelbauer Georg Götz aus Bamberg eine neue Orgel eingebaut, die von Johann Philipp Seuffert (Würzburg) 1729 um fünf Register erweitert wurde. Ab 1744 führte Johann Adam Ehrlich (Wachbach) eine jährliche Wartung der Orgel durch. Da im Laufe der Zeit immer umfangreichere Reparaturen notwendig wurden, baute er 1772/1773 ein neues Werk. Von den 22 Registern dieser Orgel übernahm Ehrlich zehn aus der Vorgängerorgel, die anderen zwölf wurden neu angefertigt. Das Gehäuse stammt vom Bad Mergentheimer Künstler Michael Bleitzhöfer.
1928 wird anstelle der ’unbrauchbar gewordenen alten Orgel’ ein Instrument von Gebr. Späth, Mengen-Ennetach, mit 39 Registern auf drei Manualen und Pedal erbaut. Allerdings schrieb schon 1952 (also gerade 24 Jahre nach dem Bau dieser Orgel) Orgelrevident Bonitz, die Orgel der Stadtpfarrkirche sei in Technik und Klang veraltet und nicht mehr tragbar. Orgelrevident Böhringer empfiehlt 1960 einen Neubau der Orgel. Dies wird schließlich 1972 realisiert.
Die Walcker-Orgel von 1972: Doch leider war auch diese Entscheidung nicht glücklich. Zu sehr wurde auf den Preis geschaut, ein Umstand, welcher nun fast 50 Jahre später enorme klangliche und ästhetische Probleme aufwirft. Der Orgelsachverständige Matthias Ankenbrand erstellte 2003 ein Gutachten und er bemängelte sowohl den Standort der Orgel auf der zweiten Empore, als auch die Aufstellung der Windladen hinter dem Prospekt (nebeneinander, auf Sturz), die Pfeifen, die chromatisch nebeneinander stehen, das Klangbild und das vorhandene, zu kleine Gehäuse, das ursprünglich nur für 22 Register gedacht war. Die Walcker-Orgel besitzt nun 35 Register. Dies schafft natürlicherweise Probleme, da die Pfeifen zu eng stehen. Zudem sind die Prospektpfeifen zu kurz und ragen nicht bis hinter die Schleierbretter, so dass unschöne Lücken entstehen. Die Spieltraktur ist außerdem insgesamt wenig repetierfreudig und die Pedaltraktur zeigt störende Klappergeräusche. Das Pfeifenwerk ist für Wartungsarbeiten (Stimmung, Intonation) fast unzugänglich.“
Das habe nun ein Ende, so Müller, der sich ungemein freut, dass die Firma Orgelbau Rensch aus Lauffen am Neckar inzwischen den Auftrag für den Neubau einer Orgel im Münster St. Johannes bekommen hat. Durch den Abbruch der zweiten Empore (diese wurde erst 1884 eingebaut) werde die neue Orgel im historischen Gehäuse von 1772 wieder auf der ersten Empore ihren Platz finden, so Müller. Dabei werde auch der Prospekt in seine ursprüngliche Fassung zurückgeführt. „Klanglich wird die Orgel wieder an ihren Ursprung im 18. Jahrhundert erinnern, ohne jedoch einfach zu kopieren. Dafür sorgen klangliche Ergänzungen in Bezug auf die Register sowie moderne Spielhilfen.“
Müller weiter: „Die finanzielle Gesamtsituation lässt noch nicht den kompletten Ausbau der Orgel zu. Einige Register werden zwar vom Platz vorbereitet, sind aber noch nicht eingestellt. Die Münstergemeinde St. Johannes hofft jedoch auf viele Orgelfreunde, welche an der weiteren Verwirklichung dieses Ausbaus helfen werden.“
Ein Instrument, das dem Münster würdig sei und in die Zukunft weise, soll künftig die Kirchenbesucher erfreuen, erklärt der Kirchenmusikdirektor, der auch daran erinnert, dass man nach 2003 zunächst noch – aus Kostengründen – eine Restaurierung oder einen Umbau überlegte, dann aber diese Pläne zum Glück verwarf, „denn die Orgel ist konstruktiv und von ihrem Platz her an der falschen Stelle. Und vor allem das allzu große Sparen in der Vergangenheit rächt sich nun schon wieder nach 48 Jahren. Ein gutes Gegenbeispiel ist dazu die Orgel in der Marienkirche, sie besteht seit 1903 und wurde 1996 nur restauriert“, so Müller: „Am Ende ist doch die Qualität entscheidend!“
Im Münster baue man innerhalb von 100 Jahren mittlerweile die dritte Orgel. „Jetzt bin ich aber sicher“, sagt Müller, „dass wir eine Firma haben, die es gut macht und eine bessere Qualität gewährleistet, mit einer Lebensdauer von mindestens einem Jahrhundert”.
Im September gibt es zwei Konzerte in der Marienkirche, um weitere Spendengelder zu sammeln. Verschiedene musikalische Veranstaltungen sind zudem in der Überlegung, aber die Corona-Krise bremst hier aktuell die Aktivitäten ein wenig aus.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten das Orgel-Projekt zu unterstützen: Orgelpfeifenpatenschaften oder Spenden in Form von „Orgelbausteinen”, IBAN DE 57 6735 2565 0000 0004 30, BIC SOLA DES1 TBB, Vermerk „Spende Münsterorgel”.
© Fränkische Nachrichten, 03.08.2020, www.fnweb.de