Täglich pragmatische Lösungen gesucht

Arbeitskreis "Asyl" - Horst Hoffmann berichtet von Papierbergen und der Suche nach neuen Helfern / Runder Tisch in Kürze / Dank an katholische Kirche

Horst Hoffmann (68) und Ali Alolewi (23) kümmern sich an diesem Vormittag um die Büroarbeit des Arbeitskreises „Asyl”. Es gibt stets viel zu tun. (Foto: Sascha Bickel)

Alle Hände voll zu tun hat der Arbeitskreis „Asyl” auch nach dem Abebben der großen Flüchtlingswelle. Helfer werden vor Ort nach wie vor dringend gebraucht.

„Die Zahl der Aktiven hat sich leider deutlich reduziert, dabei gibt es immer noch viel zu erledigen”, blickt Horst Hoffmann sorgenvoll hinter einem großen Berg Unterlagen an seinem Schreibtisch hervor. Der Rentner engagiert sich seit mehr als zwei Jahren in der Flüchtlings- und Asylbewerber-Betreuung und sorgt mit dafür, dass das Büro des AK „Asyl” in Bad Mergentheim fünf Tage pro Woche besetzt und für Hunderte Ausländer eine gute Anlaufstelle ist.

2015, in der größten Not, konnte der Arbeitskreis noch auf 150 Helfer, davon über 20 besonders aktive Personen zählen. Davon sei ein harter Kern von rund einem Dutzend Leuten geblieben, der vielleicht durch ein weiteres Dutzend Personen unterstützt werde. „Das war's!”, so Hoffmann. „Wir sind ziemlich zusammengeschmolzen und dabei gibt es in Bad Mergentheim und im Umland geschätzt etwa 700 Flüchtlinge, die nach wie vor auf uns zählen, die mit ihren Anfragen, Anträgen, Behördenbescheiden und vielem mehr zu uns kommen. Denn eines hat sich überall rumgesprochen: Unser Büro nahe dem Bahnhof ist von Montag bis Freitag zu festen Zeiten stets besetzt!”

Hoffmann betont ausdrücklich, dass es auch in den Nachbarstädten aktive Helferkreise als Ansprechpartner gab und gibt, Bad Mergentheim als größte Stadt der Region aber eben immer noch eine enorme Anziehungskraft auf die Flüchtlinge ausübe. „Viele wollen hier wohnen, direkt in der Kernstadt, weil hier die Anbindung am besten ist und die Versorgung stimmt und man für vieles kein Auto braucht”, so Hoffmann, der zusammen mit Kurt Ludwig, Volker Herm und dem jungen Syrer Ali Alolewi, der im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes (seit 1. Mai) angestellt ist, die Keimzelle des Arbeitskreises „Asyl” in der Zaisenmühlstraße am Leben erhält.

Täglich beginnt der Papierkrieg von Neuem. Mit dem Ausländeramt der Stadt, dem Sozialamt des Landkreises und dem Job-Center ist man in ständigem Kontakt. Es geht um Unterstützungsleistungen, die Wohnungssuche, aber auch um Möbel, Kleider und Fragen über Fragen. In den Räumen neben dem Weltladen laufen viele Fäden zusammen. Die meiste Arbeit hat man laut Hoffmann mit dem Job-Center, wobei er froh ist, dass es auch viele hilfreiche Behördenmitarbeiter gibt.

Jede Menge Zeit nimmt die Prüfung von - teils auch widersprüchlichen - Bescheiden aus dem Amt in Anspruch. Brenzlig wird es vor allem, wenn Sanktionen erlassen und finanzielle Leistungen gekürzt werden. Dann verstehen auch Horst Hoffmann und die anderen Helfer manchmal die Welt nicht mehr. Sie befürworten eine gewisse Ordnung und das Einhalten und Durchsetzen von Regeln, wenn aber beispielsweise einer Schwangeren, die zudem schon drei kleine Kinder hat, Geld gekürzt wird, weil sie beim Job-Center einen Termin verpasst hat, bei dem es um ihre berufliche Zukunft gehen sollte, dann stehen Hoffmann wahrlich die Haare zu Berge.

„Völlig unsinnige Bescheide gibt es leider immer wieder und die Asylbewerber tun sich immer noch schwer mit deutscher Bürokratie und behördlichen Abläufen”, erzählt Hoffmann, der sich sichtlich freut, dass in Kürze ein „Gipfeltreffen”, genauer gesagt ein „runder Tisch”, im Rathaus Bad Mergentheim stattfinden soll, an dem neben der Stadtverwaltung auch der Asyl-Helferkreis, das Landratsamt und Job-Center Platz nehmen sollen. Eine effektivere Arbeit und bessere Kooperation werden laut Hoffman angepeilt. „Die Stadt, mit der wir übrigens optimal zusammenarbeiten, hat wohl auch einiges zum Thema zu sagen”, meint Hoffmann und plädiert für - soweit möglich - pragmatische Lösungen anstatt reiner Paragrafenreiterei.

Der Druck auf die Behörden und die Politik habe durch das Nachlassen des Flüchtlingsstroms deutlich abgenommen, fährt Hoffmann fort, aber der Druck auf den Asyl-Helferkreis sei nach wie vor enorm, weil man auch mit weniger ehrenamtlichen Helfern die viele Arbeit leiste.

Dass er aus der hiesigen Bevölkerung kaum noch negative Stimmen zur Flüchtlingsproblematik im Ganzen wahrnimmt, stimmt Hoffmann unterdessen positiv, auch wenn er weiß, dass es durchaus Kriminalität durch Asylbewerber gibt; vorwiegend im Drogenumfeld. Aber dies sei laut Polizei, mit der man gut zusammenarbeite, überschaubar.

Hoffman lobt auch die Spendenbereitschaft, die nach wie vor gut sei. Seit März verfüge man nun über einen Möbeltransporter, der sich bereits als äußerst wertvoll erwiesen habe. Angeschafft wurde er mit Hilfe von Lions-Club, Stadtwerk, Würth Industrie Service, Wittenstein und Stadtverwaltung.

Der größte Dank gelte aber weiterhin, so Horst Hoffmann, der katholischen Kirche in der Kurstadt, denn sie stehe fest an der Seite des Asyl-Helferkreises und stelle mietfrei die Büroräume, die Großküche oder auch den Saal im Gemeindehaus für das Café International zur Verfügung. „Hier erhalten wir jede Menge Unterstützung!”

Glücklich wäre Hoffmann, sagt er abschließend, wenn sich noch ein paar Helfer finden ließen, damit auch er von seiner derzeitigen 60-Stunden-Woche im Dienst des Ehrenamts wieder herunterkomme.

Sascha Bickel, Fränkische Nachrichten, 29.06.2017, www.fnweb.de