„Quadratur des Kreises” gut gelungen

Geistliches Zentrum - „Stadtkloster Maria Hilf” offiziell eingeweiht / Reges Interesse der Bevölkerung bei Tag der offenen Tür

Architekt Bernd Reinhart (Bild links) überreichte den Schlüssel für das Stadtkloster – in Form eines leckeren Gebäckstücks – an Weihbischof Matthäus Karrer. (Foto: Sebastian Schwarz)

Mit einem Festgottesdienst und einem Tag der offenen Tür wurde am Sonntag das Geistliche Zentrum „Stadtkloster Maria Hilf” offiziell seiner Bestimmung übergeben.
Dass man als Kirchenbesucher mit einem Stehplatz vorlieb nehmen muss, passiert normalerweise ja eher selten. Am Sonntag war aber genau das in der Kapuzinerkirche der Fall. Bis zum letzten Platz war das Gotteshaus gefüllt beim Festgottesdienst zur Einweihung des Geistlichen Zentrums „Stadtkloster Maria Hilf”.
„Es ist endlich soweit – da geht ein Seufzen durch viele Schwesternherzen”, empfing Dekan Ulrich Skobowsky die zahlreichen Besucher.
Nach dem regen Andrang zu urteilen dürften die Bad Mergentheimer wohl mindestens ebenso froh über die Eröffnung sein wie dessen neue Bewohnerinnen, die sieben Franziskanerinnen von Sießen.
„Eine Geburt, die sich nicht in Stunden oder Tagen misst, sondern schon in Jahren”, sei der Umbau von Maria Hilf gewesen, betonte Schwester Daniela, Leiterin des Geistlichen Zentrums. Dem Einsatz der Ordensfrau ist es zu verdanken, dass die Franziskanerinnen mit ihrem Konvent von der Marienstraße 53 in das Stadtkloster umziehen konnten. Denn sie war es, die Weihbischof Matthäus Karrer bei einem gemeinsam Mittagessen die Idee dazu näher brachte, wie Karrer sich mit einem Lächeln erinnerte. Als Leiter der „Hauptabteilung IV – Pastorale Konzeption” der Diözese Stuttgart-Rottenburg fiel der Umbau des Gebäudes in seinen Zuständigkeitsbereich. Mit dem Ergebnis des Vorhabens zeigte sich Karrer sehr zufrieden. „Ich glaube, die Quadratur des Kreises ist uns hier gut gelungen – gleichzeitig großzügige Räume für die Öffentlichkeit und Rückzugsräume für die Arbeit und das geistliche Leben der Schwestern zu schaffen”, so Karrer.
Es sei zudem wunderbar geglückt, aus Altem und Neuem gute Synergien zu machen. Für die Diözese sei die für das Vorhaben bereitgestellte Summe von 3,2 Millionen Euro eine nachhaltige und zukunftsfähige Investition. „Und das nicht nur im Bezug auf die Gebäude, sondern auch im geistlichen Sinne”, merkte der Gottesmann an. Einen besonderen Auftritt in dem Festgottesdienst, der von dem Weihbischof zelebriert wurde, hatte der Kapuziner Pater Norbert. Der Geistliche, der mit seinen Brüdern das Kloster bis 2015 bewohnt hatte, war aus Ellwangen angereist. Auf einem Wagen brachte er einen Wurzelstumpf zum Altar. Dieser sollte die Entwurzelung und den Abschied der Kapuziner aus Bad Mergentheim symbolisieren. „Wir haben diesen Ort schweren Herzens verlassen”, blickte der Pater zurück. Neben dem Strunk hatte er aber auch einen jungen Zweig mitgebracht, den er Schwester Daniela überreichte, damit sie ihn in den Wurzelstock stecke. Dies sollte zeigen, „dass hier nichts zu Ende ist, sondern weitergeht”, wie der Kapuziner unterstrich.
Er war indes nicht der einzige aus seinem Orden, der den Wegzug bedauerte. „Wir Kapuziner sind traurig, dass wir nicht mehr in Bad Mergentheim leben können – aber wir freuen uns, dass der Franziskaner-Geist dort wieder einzieht”, ließ Provinzial Christophorus Goedereis in einem Grußwort wissen, dass sein Ordensbruder Norbert in seinem Namen vortrug. Einen Rückblick auf die bauliche Entstehungsgeschichte des Geistlichen Zentrums gab Architekt Bernd Reinhart vom Architekturbüro bauwerk4. Dabei lenkte er die Aufmerksamkeit besonders auf den Sonnengesang von Sepp Biehler. Der Erhalt dieser Buntglasfassade, die den Kreuzgang zum Innenhof hin abschließt, sei eine ganz wichtige Aufgabe gewesen. „Der Sonnengesang und der neugestaltete Innenhof sind die wesentlichen Gestaltungselemente und Mittelpunkt der Anlage”, führte Reinhart aus.
Erfreut über das neue Geistliche Zentrum zeigte sich auch Bad Mergentheims Oberbürgermeister Udo Glatthaar. „Wir sind froh und glücklich, was die katholische Kirche mit ihren verschiedenen Gruppierungen hier erreicht hat”, betonte der Rathauschef. Für die Bürger sei die Eröffnung auch eine Art Versöhnung nach dem Herzschmerz, welchen sie nach dem Auszug der Kapuziner gehabt hätten. Das Zentrum solle ein Ort der Begegnung werden, an dem viel passiert, wünschte sich Glatthaar. „Ich hoffe, ihr bewegt hier etwas für uns”, richtete er sich an die sieben Bewohnerinnen der Anlage.
„Ich möchte sie alle bitten, die Schwestern zu unterstützen, damit sie ihre Berufung finden und dies immer mehr ein vom Geist erfüllter Ort wird”, rief Schwester Karin, Generalvikarin der Franziskanerinnen von Sießen, die Bad Mergentheimer zum lebendigen Miteinander mit den Ordensschwestern auf. Denn gerade dieses Miteinander der verschiedenen Berufungen sei ein wichtiger Aspekt für die Zukunft der Kirche. Im Anschluss durften die Besucher dann die Räumlichkeiten der Anlage selbst in Augenschein nehmen. Wie groß das Interesse der Bevölkerung an dem neuen Zentrum war, davon zeugte an diesem Tag der offenen Tür wohl am besten das lebhafte Gedränge in den Gängen und zahlreichen Räumen.

Sebastian Schwarz, Fränkische Nachrichten, 10.12.2019, www.fnweb.de