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Neues Stadtkloster „Maria Hilf” - Diözese Rottenburg-Stuttgart investiert 2,8 Millionen Euro / „Franziskanisches Leben teilen, Gott nahe, aber auch weltoffen sein”

Schwester Daniela (links) ist mit der Entwicklung des neuen Geistlichen Zentrums in Bad Mergentheim betraut. Zusammen mit Robert Hellstern (daneben), der als Architekt und Projektleiter seitens der Diözese tätig ist, machte sie vor wenigen Tagen gemeinsam mit Vertretern des Dekanats, der Kirchengemeinde und Vertretern von Baufirmen einen Rundgang über die Großbaustelle im ehemaligen Kapuzinerkloster. (Foto: Sascha Bickel)

Blick auf den „Sonnengesang”, den Kreuzgang hinter der Kapuzinerkirche (Foto: Sascha Bickel).

Wo früher kleine Schlafzimmer der Patres waren, entsteht heute ein großer Saal (Foto: Sascha Bickel).

2,8 Millionen Euro steckt die Diözese Rottenburg-Stuttgart in das ehemalige Bad Mergentheimer Kapuzinerkloster. Entstehen soll das neue Geistliche Zentrum und Stadtkloster „Maria Hilf”.
„Was hier im ehemaligen Kapuzinerkloster und somit im neuen Bad Mergentheimer Stadtkloster entsteht, ist die Fortführung von geistlichem Leben. An diesem Ort fand fast 400 Jahre lang von den Kapuzinern franziskanisches Leben statt. Ab dem nächstem Jahr knüpfen wir Franziskanerinnen vom Kloster Sießen an diese Tradition an. 2019 sind wir übrigens auch schon seit 140 Jahren in Bad Mergentheim aktiv”, berichtet Schwester Daniela nicht ohne Stolz.
„Unser Ziel ist ein Geistliches Zentrum, ein Kloster mit offenen Türen, aufzubauen, das ausstrahlt in die Region, weil wir einfach Lust darauf haben – am Leben mit den Menschen und mit ihnen den Glauben zu leben.” Der künftige Name „Maria Hilf” gehe, so Schwester Daniela, auf die Tradition zurück, das Bildnis „Maria Hilf” in der Gnadenkapelle, „denn hier ist das Herz von Maria Hilf”.
Schwester Daniela ist mit der Entwicklung des entstehenden Geistlichen Zentrums betraut. Sie gewährte der Redaktion erste Einblicke auf der Großbaustelle. 6000 Quadratmeter Fläche umfasst das ehemalige Kapuzinerkloster mit seinem großen Garten (zwischen Marienstraße und Schlossgartenstraße) – ohne Kirche.
Es gibt viel zu tun. Auf rund 1400 Quadratmetern läuft eine Kernsanierung. 2015 verließen die letzten Kapuziner-Patres die Kurstadt. 2019 sollen sieben Franziskanerinnen, deren Konvent „Santa Maria degli Angeli” sich derzeit noch in der Marienstraße 53 befindet, im neuen Stadtkloster einziehen.
„Ziel ist es, Ende März fertig zu sein”, blickt Robert Hellstern optimistisch in die Zukunft. Er ist Architekt und Projektleiter der Grund- und Bauverwaltung des Ordinariats der Diözese. Ein paar knifflige Aufgaben gebe es noch zu lösen, aber man sei auch schon gut vorangekommen, sagt er unserer Zeitung und beziffert die von Rottenburg-Stuttgart genehmigten Gesamtkosten auf 2,8 Millionen Euro.
„Große Chance”
Von einer großen Investition in die Verbindung von Leben und Glaube spricht Schwester Daniela: „Die Menschen sind auf der Suche, sie binden sich nicht mehr automatisch an die örtliche Kirchengemeinde, sie schauen vielmehr, was zu ihnen passt, zu ihren Fragen und ihrem Lebenskonzept – das merken wir und wollen deshalb etwas anbieten, dass die Leute anspricht. Wir möchten mit ihnen franziskanisches Leben teilen, weltoffen, aber auch Gott nahe sein. Das hier ist eine große Chance”, so Schwester Daniela. Die Diözese selbst sage, dass es Geistliche Zentren als Ergänzung brauche, wie in einem Netzwerk, als Andock- und auch Experimentierstellen. In der Region seien Angebote im Kloster Messelhausen ebenso weggefallen wie im Würzburger Käppele. In Bad Mergentheim entstehe nun Neues.
Der künftige Haupteingang soll zur Marienstraße hin entstehen, direkt neben dem katholischen Gemeindezentrum. Eine Mauerteil, das nicht denkmalgeschützt ist, muss deshalb fallen. Im Erdgeschoss des neuen Stadtklosters findet man dann die neue Armenspeisung, aber auch Büros der Leitung, sowie der Kur- und Reha-Seelsorgerin, vielleicht auch ein Ehrenamtsbüro, dazu einen Besprechungsraum. Das Treppenhaus wird verlagert, der Aufzug bleibt. Eine große Küche, ein Wohnbereich für die Schwestern und ein großer Saal zum Kreuzgang, zum „Sonnengesan” hin, vervollständigen das U-förmige Gebäude auf der ersten Ebene. Im Saal sollen bis zu 35 Personen, vielleicht eine Schulklasse von St. Bernhard für einen Projekttag, der Frauenbund oder andere Gruppen Platz finden.
Vier Gästezimmer entstehen neu im ersten Obergeschoss, für Menschen, „die bei uns Besinnungstage, stille Tage, Kloster auf Zeit machen wollen oder eine Auszeit am Wochenende”, erzählt Schwester Daniela. Daneben ist ein Meditationsraum geplant, früher waren dort kleine Schlafräume für die Patres der Kapuziner. Einen Werk- und Kreativraum soll es zudem geben.
In einem abgetrennten Bereich finden die sieben Franziskanerinnen in Zukunft ihre Schlafräume und ein Konventszimmer.
Viel Platz für Ideen
Besinnungs- und Oasentage sollen im neuen Stadtkloster möglich werden, aber auch viel anderes. „Es gibt viele Ideen, aber wir schauen auch darauf, auf was die Leute Lust haben, nicht alles ist vorgegeben. Das ist wie auf einer großen Wiese, da ist viel Platz”, sagt Schwester Daniela, die in Bad Mergentheim als Schulseelsorgerin an St. Bernhard angefangen hatte und jetzt mithilft das Großprojekt zu realisieren.
„Der Weg war nicht einfach, es gab Hoffnungen und auch Hürden”, blickt sie zurück: „Wir haben viel gebetet und haben uns gesagt, wenn Maria das will, sie ist schließlich die Hausherrin hier, dann bringt sie das auch durch, und wir gehen einfach mit und schauen was passiert.”
Erster Gedanke schon 2005
Schwester Daniela erzählt: „Ich kam 2005 nach Bad Mergentheim und etwa 2007 habe ich zum ersten Mal zu meinen Mitschwestern beim Vorbeifahren am Kloster gesagt, dass wir doch einmal etwas zusammen mit den Kapuzinern machen könnten, eine Art franziskanisches Zentrum. 2012 kam dieses Thema wieder auf und in unserem Konvent war plötzlich ein Feuer für die Idee da. Beim Gespräch mit Pater Alban meinte dieser jedoch, dass seine Brüder und er zu alt seien.
Im April 2013 fand dann ein Gespräch mit dem Provinzial statt, der die Idee gut fand, aber seinem Nachfolger die Entscheidung überlassen wollte. Dieser führte schließlich viele Gespräche und prüfte die Möglichkeiten, meinte aber nach langer Bedenkzeit: „Wir haben einfach nicht genügend junge Brüder, um das in Bad Mergentheim zu stemmen, wir müssen uns sogar zurückziehen, nach 400 Jahren, aber vielleicht könntet Ihr Euch entschließen, das hier zu übernehmen, dann wird es für uns leichter, weil wir wissen, dass es immer noch eine franziskanische Präsenz vor Ort geben wird!” So kam es zur „freundlichen Übernahme”. Statt Manpower gibt es in Zukunft an diesem Ort Frauenpower”, lacht Schwester Daniela, der man die Begeisterung für das Projekt deutlich anmerkt.
Die Bestandsaufnahme gestaltete sich nüchterner. Bauliche Schwierigkeiten, unterschiedliche Geschosshöhen, Denkmalschutz, Brandschutz, alte Leitungen, fehlende Isolierungen und noch mehr machten bald klar, dass hier viel Geld in die Hand genommen werden muss. „Wir machen nun das Beste daraus!”, so die Projektleiterin. Wasser, Heizung, Strom, alte Wände weg, neue Wände rein – die Baustelle ist umfangreich.
Das Dachgeschoss, das früher als Lagerraum genutzt wurde, wird aus Brandschutzgründen ungenutzt bleiben, der Keller nur noch von außen zugänglich sein. Der wunderschöne, aber riesige Garten wird weiter von der früheren Hauswirtschafterin der Kapuziner bewirtschaftet, „darüber sind wir sehr froh. Sie liebt diesen Garten und das sieht man diesem auch an”, freut sich Schwester Daniela, die genügend andere Dinge beaufsichtigen und mitentscheiden muss. Der Raumbedarf sei nur das eine, schon jetzt müsse zum Beispiel über die künftige Kücheneinrichtung, die Anzahl der Steckdosen und der Lampen sowie deren Platzierung und vieles andere entschieden werden. „Da braucht es ein ziemlich klares Bild. Das ist manchmal sehr anstrengend und mühsam, aber es muss sein.”
Die Erstellung der neuen Homepage für die Öffentlichkeitsarbeit hat schon begonnen, Kooperationen werden geplant, das Morgengebet der Franziskanerinnen ist schon in die Kapuzinerkirche verlagert. Weiteres soll hierher folgen. Die Kirche selbst ist derweil von den Umbaumaßnahmen nicht betroffen.
Und wie geht es 2019 mit dem bisherigen Schwesternwohnheim in der Marienstraße 53 weiter? „Demnächst gibt es ein Gespräch mit der Ordensleitung. Vermietung oder Verkauf werden geklärt.”

Sascha Bickel, Fränkische Nachrichten, 27.07.2018, www.fnweb.de