In „unsicheren” Zeiten... Nr. 8 - Schaden kann es nicht...

Bildnachweis: Hostienschalen bei einer Wallfahrtsmesse, Peter Weidemann, pfarrbriefservice.de

Liebe ehrenamtlich Engagierte im Dekanat Mergentheim,
liebe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, liebe Kollegen und Kolleginnen,

kommendes Wochenende werden in den Kirchen wieder die ersten Gottesdienste gefeiert – wie sich im Moment zeigt, sind dabei viele Fragen zu klären bzw. Erfahrungen zu sammeln: Wie können die Auflagen gut erfüllt werden? Wie können alle Beteiligten trotz aller Achtsamkeit gut gemeinsam feiern? Wie kann die Anmeldung gelingen? Wer wird teilnehmen? …

Gleichzeitig dreht sich die gesellschaftliche Diskussion im größeren Kontext weiterhin um die richtige Balance zwischen Vermeidung von Infektionsrisiken und dem Bemühen andere Schäden – etwa wirtschaftlicher und psychischer Art – in Grenzen zu halten.

Bei allen Diskussionen ist wohl wichtig: Einander zuhören, den anderen ernst nehmen und trotz aller Gegensätze gemeinsam nach Lösungen zu suchen oder auch um Entscheidungen zu ringen.

Mit dieser Ausgabe von „In ‚unsicheren’ Zeiten” wollen wir Sie ermutigen: Halten Sie Vielfalt aus, lassen Sie sich trotzdem nicht verwirren. Spüren Sie dem nach, was Ihnen Kraft gibt …


Dekanatsleitung und Dekanatsgeschäftsstelle
Dekanat Mergentheim

 

Schaden kann es nicht …

„Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich!” – Mit diesem ersten Vers aus dem 14. Kapitel des Johannesevangeliums beginnt das Evangelium des 5. Sonntages in der Osterzeit.

Wie leicht unser Herz zu verwirren ist, das ist gerade sehr deutlich zu erleben:
Welchem Wissenschaftler soll man jetzt glauben?
Waren die Maßnahmen wegen Corona wirklich zu streng?
Sind die Lockerungen verhältnismäßig?
Welcher Politiker, welches Land, welcher Wissenschaftler hat jetzt recht?
Muss das mit den Gottesdiensten jetzt so sein wie es ist, oder hätte man nicht lieber weiter abwarten sollen?
Was sollen diese ganzen Vorschriften, die da jetzt gemacht werden bringen?


Was alles richtig ist und was nicht: Das weiß ich nicht.
Dass manche Menschen an „Gängelungen” und „Abschottungen”/„Absonderungen” aus zum Glück ver-gangenen und überwundenen Staatsformen und politischen Aktionen denken, kann ich ein Stück weit nachvollziehen, auch wenn ich das für nicht zielführend halte. Aber ich muss gleichzeitig auch anerken-nen, dass ein Infragestellen der politisch Verantwortlichen oder der sich auf wissenschaftlichen Erkennt-nisse berufenden Entscheidungen zu unserer Freiheit dazugehört.

Nichts desto trotz: All das kann verwirren und ratlos werden lassen. Wir sehnen uns nach Sicherheit und Überschaubarkeit, aber gerade die scheint es in dieser unsicheren und unruhigen Zeit noch weniger als sonst zu geben.

Nicht einmal in den Gottesdiensten, die jetzt so langsam wieder beginnen können – mit Auflagen. Da werden Mesner zum Beispiel von der Diözese Rottenburg-Stuttgart angehalten: Die liturgischen Gefäße sollen nur mit frischen Baumwollhandschuhen angefasst werden … Das erscheint auf den ersten Blick neu und eigenartig. Aber mich erinnert das an etwas aus meiner Kindheit, das ich ein letztes Mal tatsächlich real und ohne Ausnahme als Vikar im Allgäu an einer Kirche erlebt habe: Der Mesner zu meiner Kindheit und die betagte Mesnerin im Allgäu haben die liturgischen Geräte nie mit der bloßen Hand angefasst. Und wenn ein Ministrant sie ausnahmsweise einmal holen sollte, dann bekam er ein Tuch in die Hand. Die Begründung dafür war: Heiliges fasst man nicht mit bloßen Händen an.

Ich frage mich, hat sich da vielleicht über viele Jahrhunderte hinweg ein Wissen gehalten, und wurde mit Hinweis auf „Heiligkeit” begründet, das ohne wissenschaftlich genau sein zu können, „geschützt” hat – etwa auch vor Übertragungen und Ansteckungen? Die Mesnerin im Allgäu jedenfalls hat mir immer gesagt: „Auch wenn das seit dem 2. Vatikanischen Konzil gelockert worden ist, schaden kann es nicht, vorsichtig mit den heiligen Geräten umzugehen.”

Schaden kann es nicht, vorsichtig zu sein …

Mir gefällt das vor allem im Hinblick auf den Umgang miteinander, auch in der derzeitigen Lage: Ein Mundschutz schadet nicht. Abstand zu halten schadet auch nicht, man kann sich dennoch spüren lassen, ob man es mit dem anderen gut oder auch nicht gut meint. („Tödliche” Blicke treffen auch aus zwei Metern Entfernung sehr gut, genauso wie ein freundliches Lächeln oder aufmunterndes Zunicken ermutigen kann.) Sich die Armbeuge beim Niesen vor den Mund zu halten schadet auch keinem und sich öfters die Hände zu waschen ebenso nicht.

Sicher: Schwieriger wird es, das nun auf andere Bereiche anzuwenden – vor allem, wenn Entscheidungen weitreichende Konsequenzen haben. Ich kann da viele der Forderungen, aber auch der Bedenken nachvollziehen. Aber ich vertraue auch darauf, dass diejenigen, die da Entscheidungen treffen, das nicht leichtfertig tun und nicht mit Eigennutz.

Und dass diese Hoffnung nicht pure Hoffnung bleibt, dafür kann man beten, und das tue ich. Schaden kann es ja nicht …

Und so bete ich dann und wann gerade mit der Bitte, dass unsere Verantwortungsträger und -trägerin-nen sich ähnlich verhalten: Was Gott tut das ist wohlgetan, er ist mein Licht und Leben, der mir nichts Böses gönnen kann, ihm will ich mich ergeben ...

Ingo Kuhbach, Dekan
Dekanat Hohenlohe

Was kann ich tun?

Das Evangelium zum kommenden Sonntag finden Sie hier. Sie können sich fragen: An wen oder was glaube ich? Was bedeutet mir mein Glauben?

Das Lied „Was Gott tut, das ist wohlgetan” finden Sie im Gotteslob unter der Nummer 416 oder auch hier. Wenn Sie wollen, können Sie den Text ausdrucken und aufhängen oder sich auch anstreichen, welche Aussage Sie besonders anspricht ... Vertont finden Sie Teile des Liedtextes unter anderem in der Kantate „Was Gott tut, das ist wohlgetan” von Johann Sebastian Bach (BWV 99), von der Sie eine Aufnahme beispielsweise hier finden.

Haben Sie heute schon jemanden spüren lassen, dass Sie es gut mit ihm meinen? Wenn nicht, haben Sie sicherlich noch Gelegenheit dazu …