In „unsicheren” Zeiten... Nr. 3 - „Ihr fehlt mir!”

Bildnachweis: Privat

Liebe Mitchristen,

gerade gibt es gute und schlechte Nachrichten: Die Kurven der Anzahl der Covid-19-Indizierten in Italien und Spanien flachen anscheinend langsam ab. Immer schlimmere Meldungen kommen gerade aus den USA und aus Großbritannien. Ein Ende der Ausgangsbeschränkungen ist bei uns nicht aktuell – nein, vielmehr spitzt sich die Lage etwa in Wolfsburg oder Freiburg gerade zu. Aber es gibt in Deutschland inzwischen auch immer mehr „Gabenzäune”, an die Menschen in Plastiktüten verpackte Lebensmittel und Hygieneartikel für Obdachlose hängen.

In diesen „unsicheren Zeiten” wollen wir Ihnen auch diese Woche wieder einen Text und Impulse zusenden, die Ihnen helfen wollen, gut durch diese Zeit zu kommen.
Wenn Sie wollen, nehmen Sie sich wieder die Zeit, kurz innezuhalten, zu lesen, nachzudenken oder sich klar zu werden, was Ihnen in dieser Zeit wichtig ist. Gerne können Sie diesen Impuls auch weiterleiten.

Wir wünschen Ihnen alles Gute

Dekanatsleitung und Dekanatsgeschäftsstelle
Dekanat Mergentheim

P.S.: Natürlich nehmen wir Sie umgehend aus dem Verteiler, wenn Sie uns entsprechend informieren.


„Ihr fehlt mir!” – (Vor)österliche Gedanken


Liebe Leute in unseren Gemeinden!
Wir sind mittlerweile in der dritten Corona-Krisenwoche. Und bei all den Horrorzahlen von Kranken und Sterbenden; bei aller Erschöpfung der Ärzte und Pflegekräfte, die Heldenhaftes leisten an der Grenze des Vorstellbaren; bei all den Verschärfungen der Vorsichtsmaßnahmen, die auch vielen von uns an die Nieren gehen, den Jungen wie den Alten – heißt das für mich ganz persönlich auch: wir sind in der dritten Woche ohne Gemeindegottesdienste.

Ich möchte Euch sagen, wie sehr Ihr mir fehlt. Und da spreche ich wohl für alle Ehrenamtlichen, Hauptamtlichen, Priester, die in unseren Gemeinden Gottesdienste vorbereiten und begleiten. Mir fehlt der vertraute Austausch mit den Mesnern. Das Bild der treuen Werktagsgemeinde. Mir fehlt die Gemeinschaft am Sonntag, die Menschen, die mitbeten, mitsingen. Der Klang der Orgel. Die Minis vorne und die Kinder in den Bänken. Auch die Zwischentöne der ganz Kleinen, die auf ihre Weise den Gottesdienst mitgestalten. Mir fehlt der Friedensgruß. Die Atmosphäre bei der Kommunion. Und schließlich, draußen, nach dem Gottesdienst, das persönliche Wort, ob Kritik oder Dank, das Zusam-menstehen, das Beieinandersein. Alles weit weg. Stillstand. Stattdessen von morgens bis abends: Organisation. Ständig neue Mails mit Anordnungen, Empfehlungen von oben. Wie handhaben wir es vor Ort? Haben wir an alle gedacht? Schließlich das Telefon. Noch nie in meinem Leben habe ich so viel telefoniert wie in diesen Tagen. Informationen weitergeben. Und – weil es derzeit kaum Sitzun-gen gibt – ganz bewusst fragen: Wie geht es dir? Wie oft am Tag diese eine Frage! Die Antworten kos-ten Zeit und Kraft – und schaffen Verbindung. Wir sitzen alle im selben Boot …

Nach einem Einsatz verlasse ich frühmorgens das Caritas über die Notfallaufnahme, die Gänge (noch) wie ausgestorben, Besucher sind derzeit sowieso verboten. Ein letztes Mal die Hände desinfizieren! Und bleibe draußen stehen. Und lausche: dem unbändigen Konzert der Vögel zum Sonnenaufgang. Die Natur überbietet sich geradezu damit, uns die trüben Gedanken zu vertreiben – wo doch noch vor wenigen Wochen alles kahl und leblos war.

„Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?” So ruft uns der Prophet Jesaja entgegen (Jes 43,19). In einem Stundenbuch-Lied zur Fastenzeit heißt es: „Zeichen schauen wir nun, Irdisches wird zum Bilde hier; denn das kreisende Jahr lässt nach des Winters Frost und Nacht den Frühling die Erde für Ostern bereiten.” Ostern! Wo Kirchen leer bleiben müssen und Orgeln schweigen, springt die Natur in die Bresche, besingen die Vögel das aufgehende Licht.

Mögen die Gottesdienste bis nach Ostern „abgesetzt” sein – Auferstehung lässt sich nicht absetzen! Ostern findet dort statt, wo wir betrauern, was uns fehlt, und dann die Augen aufmachen für das, was da ist. Wo wir dem Winter in uns beherzt die Grenzen aufzeigen und dem Frühling Recht geben. Mit einem ehrlichen Lächeln. Mit einem offenen Ohr. Mit einem guten Wort.

Dann wird auch das schlichteste Lied, das mir aus der Seele spricht, zum mächtigen Exsultet. Dann wird mein kleines Licht, das ich ins Fenster stelle, zur Osterkerze inmitten aller Dunkelheit: „O wahr-haft selige Nacht, die Himmel und Erde versöhnt, die Gott und Menschen verbindet … Sie leuchte, bis der Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht.”

In herzlicher Verbundenheit
Ihr Ulrich Skobowsky, kommissarischer Dekan
Dekanat Mergentheim


Was kann ich tun?

Wenn Sie wollen, können Sie sich fragen:
Was vermisse ich im Moment? – Aber auch: Was vermisse ich nicht?
Wo erlebe ich Dunkelheit und Sterben? Wo erfahre ich Hoffnung auf Leben?
Wo schenke ich anderen Hoffnung?

Nehmen Sie sich Zeit und lesen Sie in Ruhe den Abschnitt 43,14–21 aus dem Buch Jesaja. Den Bibel-text finden Sie auch hier.

Menschen Hoffnung schenken kann auch bedeuten, in der momentanen Situation nicht nur an uns und unsere Mitmenschen vor Ort zu denken, sondern auch die Menschen und ihre aktuellen Sorgen in anderen Ländern und Erdteilen im Blick zu haben. Für zehn Euro etwa können in Liberia einhundert Liter Desinfektionsmittel hergestellt werden – so die Fastenaktion Misereor. Sie ist dieses Jahr durch den coronabedingten Ausfall des „Misereorsonntags” besonders darauf angewiesen, dass sie auf anderen Wegen ausreichend Mittel zur Förderung von Projekten erhält. Oder das Deutsche Rote Kreuz leitet Spenden an den Jemenitischen Roten Halbmond weiter, der sich unter anderem für die Gesundheitsversorgung im von Bürgerkriegen gebeutelten Jemen einsetzt.
Genauso wichtig wie eine Spende ist es, die Menschen in anderen Teilen der Welt nicht aus dem Blick zu verlieren und sich über deren Situation zu informieren. Also:  Auch wenn Sie nicht spenden können oder wollen, können Sie etwas tun. Der „Weltspiegel” der ARD etwa hält seine Beiträge aus aller Welt online bereit, läuft aber auch samstags um 16:30 Uhr und sonntags um 19:20 Uhr im Fernsehen.