„In sicherem Raum achtsamen Umgang pflegen”

Katholische Kirchengemeinde - Schutzkonzept zur Prävention von sexuellem Missbrauch erarbeitet / Informationsbroschüre erschienen

Um sexuellen Missbrauch in der Katholischen Kirche zu verhindern, hat die Bad Mergentheimer Seelsorgeeinheit „L.A.M.M.” (hier ein Symbolbild) ein institutionelles Schutzkonzept ausgearbeitet. Jetzt ist dazu eine Informationsbroschüre erschienen. (Foto: DPA)

„Institutionelles Schutzkonzept zur Prävention von sexuellem Missbrauch der katholischen Kirchengemeinden der Seelsorgeeinheit L.A.M.M.”. Hinter diesem sperrigen Namen verbergen sich ein Konzept und eine jetzt veröffentlichte Informationsbroschüre.
Bereits im November 2015 wurde ein Bischöfliches Gesetz im Rahmen der „Prävention sexuellen Missbrauchs” von der Diözese Rottenburg-Stuttgart erlassen. Dieses Gesetz ist eine Reaktion auf eine bundesweite Gesetzesänderung des Sozialgesetzbuches im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII).
Es schreibt vor, dass freie Träger der Kinder- und Jugendarbeit dafür sorgen müssen, dass ihre Mitarbeiter im Umgang mit Kindern und Jugendlichen Kindeswohlgefährdung erkennen, melden und vermeiden können und sich für deren Schutz einsetzen. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat diese Verpflichtung auch auf die Arbeit mit erwachsenen Schutzbefohlenen im Seniorenbereich ausgeweitet.

Eignung erforderlich

Um dieser Verpflichtung Struktur zu geben, hat der Kirchengemeinderat St. Johannes Bad Mergentheim beschlossen, dazu ein Konzept zu erarbeiten, das auf die gesamte Seelsorgeeinheit ausgeweitet wurde.
Wie Dekan Ulrich Skobowsky betont, will man mit dem Schutzkonzept sicher stellen, dass „alle Menschen in unseren Kirchengemeinden (...) einen möglichst sicheren Lern- und Lebensraum vorfinden, in dem ein achtsamer Umgang miteinander gepflegt wird.” Die Kirchengemeinden der Seelsorgeeinheit L.A.M.M. würden deshalb dafür sorgen, dass innerhalb der Kirchengemeinden und deren Einrichtungen nur Personen mit der Betreuung von minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen betraut werden, die neben der erforderlichen fachlichen auch über die entsprechende persönliche Eignung verfügen.
Mitarbeiter müssten hierzu ein erweitertes Führungszeugnis beantragen. Dieses dürfe nicht älter als drei Monate sein und werde der Verantwortlichen, Gemeindereferentin Anette Roppert-Leimeister, vorgelegt. Eine Wiedervorlage müsse alle fünf Jahre erfolgen.

Verhaltenskodex

Sollten hier relevante einschlägige Straftaten verzeichnet sein, wäre eine Einstellung bzw. Weiterbeschäftigung nicht möglich. Bei Ehrenamtlichen werde die weitere Ausübung des Ehrenamts untersagt. Das Konzept schreibe außerdem eine Selbstauskunft verpflichtend vor sowie die Unterzeichnung eines Verhaltenskodexes. Dieser verpflichte den Mitarbeiter unter anderem zu einem „von Wertschätzung und Vertrauen” geprägten Umgang mit Kindern, das Achten „ihrer Rechte und ihre Würde”.
Weiter heißt es: „Ich gehe achtsam und verantwortungsbewusst mit Nähe und Distanz um” und: „Ich bemühe mich, jede Form persönlicher Grenzverletzung bewusst wahrzunehmen und die notwendigen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der jungen Menschen einzuleiten.” Und schließlich: „Ich beziehe gegen diskriminierendes, gewalttätiges und sexistisches Verhalten, ob in Wort oder Tat, aktiv Stellung.” Im Schutzkonzept der Seelsorgeeinheit L.A.M.M. seien auch Beratungs- und Beschwerdewege aufgeführt, sowohl interner als auch externer Art. Auch gebe es regelmäßige Schulungen zu Fragen der Prävention von sexuellem Missbrauch. Die ersten Kurse hätten bereits unter Leitung von Pastoralassistent Christian Slunitschek stattgefunden, weitere würden folgen.

„Transparent und einsehbar”
Nach den vier Informationsabenden, die Ende März zum Schutzkonzept veranstaltet wurden, zieht Gemeindereferentin Anette Roppert-Leimeister ein gutes Fazit: „Von allen 260 eingeladenen ehrenamtlich Mitarbeitenden in den Tätigkeitsbereichen mit minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen sind gut 75 Prozent der Einladung gefolgt”, sagt sie.
Die jetzt aufgelegte Informationsbroschüre lege die vereinbarten Strukturen und Prozesse zur Prävention sexuellen Missbrauchs transparent und einsehbar dar. Die Prävention werde so selbstverständlicher Bestandteil kirchlicher Arbeit und zu einem Grundprinzip des Handelns in allen Tätigkeitsfeldern der Kirchengemeinden und deren Einrichtungen. „Bei möglichen Verdachtsfällen wollen und können wir so aktiv Verantwortung übernehmen, wobei unser Umgang untereinander immer von Achtsamkeit und Wertschätzung geprägt sein muss.”, betont Dekan Ulrich Skobowsky.

Fi, Fränkische Nachrichten, 30.04.2019, www.fnweb.de