Gemeinsames Anliegen von Kirche und Jugendamt

Unterschriften - Präventiver Kinder- und Jugendschutz in kirchlichen Einrichtungen vereinbart / Keine einschlägig vorbestraften Mitarbeiter beschäftigen

Dekan Ulrich Skobowsky von der katholischen Kirche und Dr. Michael Lippert (vorne links und rechts) vom Jugendamt des Landratsamtes unterschreiben die Vereinbarung über ein Kinderschutzkonzept, das von Gemeindereferentin Anette Roppert-Leimeister und Pastoralassistent Christian Slunitschek (hinten) erstellt wurde. (Foto: Werner Mies)

Sexueller Missbrauch von Kindern in kirchlichen Einrichtungen ist heute ein viel diskutiertes und hoch emotionales Thema. Grund genug für die Seelsorgeinheit „LAMM”, zu der die Kirchengemeinden Bad Mergentheim, Löffelstelzen, Apfelbach und Markelsheim gehören, ein Kinderschutzkonzept zu entwickeln und mit dem Jugendamt des Landkreises als Träger der öffentlichen Jugendhilfe eine Vereinbarung zu treffen.
Grundlage für die Vereinbarung ist die Novellierung des Bundeskinderschutzgesetzes vom 1. Januar 2012 und den Paragrafen 72a des Sozialgesetzbuchs (SGB) VIII.
Dr. Michael Lippert vom Landratsamt erläuterte im Gespräch mit unserer Zeitung hierzu, dass das Jugendamt vom Jugendausschuss des Kreistages 2015 beauftragt wurde, auf Vereine und Verbände, die neben- und ehrenamtlich Jugendliche betreuen, zuzugehen und sie aufzufordern, den Kinderschutz bei allen Beteiligten nicht nur zu sensibilisieren sondern gemäß SGB VIII umzusetzen.
Das Jugendamt hat hierzu die zahlreichen Träger freier Jugendhilfe ermittelt und für diese eine Arbeitshilfe erstellt, die in den Vereinen und Verbänden vorgestellt wurde. Darin wird u. a. dargelegt, dass keine neben- oder ehrenamtlich tätige Person, die wegen einer Straftat mit sexueller Gewalt oder Missbrauch rechtskräftig verurteilt ist, in der freien Jugendhilfe – das sind z.B. Vereine und Verbände mit Jugendarbeit- Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe wahrnimmt, Kinder beaufsichtigt, betreut, erzieht, ausbildet oder vergleichbaren Kontakt hat. Deshalb muss für Personen, die in der Jugendarbeit einer entsprechenden Organisation arbeiten, ein Führungszeugnis eingeholt werden.

Auch Dekan Skobowsky unterstrich bei der Unterzeichnung der Vereinbarung, dass es ein gemeinsames Anliegen der Kirche mit dem Jugendamt sei, Kinderschutz zu garantieren. Allerdings sei Kindesmissbrauch ein gesamtgesellschaftliches Problem, aber Missbrauchsopfer hätten in der Kirche inzwischen eine Lobby, die sich ihrer annehmen.
Gemeindereferentin Anette Roppert-Leimeister hat ein Schutzkonzept nach Vorgaben der Diözese entwickelt und wurde dabei von Pastoralreferent Christian Slunitschek unterstützt. Darin verpflichten sich die Kirchengemeinden der Seelsorgeeinheit keine Haupt- und Nebenberufliche aber auch Ehrenamtliche ab 16 Jahren zur Betreuung von minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen zu beschäftigen, die wegen sexuellem Missbrauch, – Gewalt oder ähnlichen Delikten verurteilt worden sind.

Erweitertes Führungszeugnis

Deshalb wird bei der Einstellung von Mitarbeitern, die Umgang mit Schutzbefohlenen haben, ein erweitertes Führungszeugnis eingefordert, das alle fünf Jahre erneuert werden muss. Von den ehrenamtlich Tätigen im Kinder- und Jugendbereich wird ebenfalls ein solches Zeugnis angefordert werden. Daneben müssen alle Personen, die entsprechende Tätigkeiten mit Schutzbefohlenen ausüben, eine Selbstauskunftserklärung abgeben, in der sie bestätigen, dass sie keine Straftat im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt begangen haben bzw. gegen sie ermittelt wird. Ein Verhaltenskodex, in dem klare Verhaltensregeln ein gutes Nähe-Distanz-Verhältnis, ein respektvoller Umgang und eine offene Kommunikationsstruktur sicher stellen sollen, muss ebenfalls unterzeichnet werden. Auch interne und externe Beratungs- und Beschwerdewege sind im erstellten Schutzkonzept angesprochen.
Diese Bestimmungen bzw. Selbstverpflichtung der Kirchenleitung sollen in den nächsten Wochen mit den betroffenen Personenkreisen bei Info-Veranstaltungen besprochen werden. Daneben ist eine ca. 3-Stündige Schulung vorgesehen. Eine Mammutaufgabe, so Anette Roppert-Leimeister, denn die Arbeit mit jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen ist sehr vielfältig und umfasst einen großen Mitarbeiterkreis, der im Gottesdienst, der Kirchenmusik, in der Kinder- und Jugendarbeit, in Gemeindekreisen und -gruppen, in der Kommunion- und Firmkatechese, der Caritas, der Erwachsenenbildung , in liturgischen Diensten usw. tätig ist. Die Gemeindereferentin unterstrich bei der Unterzeichnung der Vereinbarung mit dem Jugendamt die Aktivitäten der katholischen Kirche und hofft, dass dadurch auch andere in der Jugendarbeit tätige Organisationen dazu animiert werden, präventiv den Kinder- und Jugendschutz anzugehen.

Werner Mies, Fränkische Nachrichten, 19.01.2019, www.web.de