Edle Tat, die auch heute als Vorbild dient

Martinsumzüge: In Weikersheim nahmen rund 1000 Kinder und Erwachsene teil / Hilfe für Menschen in Not ist heute so wichtig wie vor rund 1700 Jahren

Hoch zu Ross und dennoch ohne jeden Hochmut: St. Martin beim Umzug in Weikersheim (Foto: Inge Braune)

Es ist ein alter Brauch, mit einem immer noch aktuellen Bezug: Landauf, landab gab es dieser Tage Martinsumzüge, so auch in Weikersheim, über den wir stellvertretend für alle anderen berichten.

Recht frisch und ziemlich düster ist der Abend, doch immerhin kein Schneeregen mehr von oben. Martinstag ist's, und lange, bevor die Kirchenglocken läuten, versammeln sich vor der katholischen Kirche und dem nahe gelegenen evangelischen Kindergarten die Kleinen, die in den Kindergärten und Familien schon vor Wochen angefangen haben, ihre Martinslaternen für den Umzug zu basteln.

Als dann hoch zu Ross Gerd Frick im roten Mantel des römischen Offiziers auftaucht, sind den Kindern ihre Lampions kurzfristig egal. Berührungsängste? Keine.

Das Pferd steht ruhig, lässt sich nicht aus der Ruhe bringen durch die quirlige Kinderschar und die schwankenden Lichter, die, weil's sicherer ist, inzwischen fast komplett elektrisch leuchten.

Kleine Füße trappeln zum hinteren Eingang des Stadtparks, kalte Fingerchen klammern sich fest um den Laternenstab, die andere Hand schlüpft in Mamas, Papas, Omas oder Opas Hand.

Im Laternenschein

So kann man sich trotz Düsternis recht sicher dem von Sankt Martin angeführten Zug durch die Parks anschließen.

Viel Licht für die annähernd 1000 kleinen und großen Umzugsteilnehmer spenden auch die Fackeln nicht, die den Bläsern aber immerhin Sicht auf ihre Notenblätter ermöglichen. „Ich geh mit meiner Laterne”, „Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind”, und „Weißt du , wie viel Sternlein stehen” klingt es durch die Nacht.

Im Schlosshof erinnerte Pfarrer Martin Raiser an seinen Namenspatron Martin von Tours, den Sohn eines römischen Militärtribuns, der ihn vor rund 1700 Jahren bereits als 15-jährigen zum Militärdienst schickte. Im französischen Amiens teilte der Heilige seinen Mantel mit einem Bettler. Der Martinsumzug und das Martinsspiel erinnere daran, auch heute Menschen in Not zu helfen, und die Laternen daran, auch für diese die Welt hell zu machen.

Im abgeteilten Schlossshof spielten Gert Frick und Antje Täubert vor leuchtenden Kinderaugen die Mantelteilung nach, ehe die Helferschar über 300 Martinsbrötchen an die Kinder verteilten und etliche der Kleinen die Chance nutzten, mit Unterstützung von Gerd Frick selbst einmal auf St. Martins Ross zu sitzen. Noch für geraume Zeit genossen Groß und Klein bei Kinderpunsch und Glühwein die Atmosphäre im Schlosshof, die durch die vielen phantasievoll gestalteten Lampions - Gänse und Dinos waren ebenso zu entdecken wie traditioneller gestaltete Laternen - in eine ein ganz besonderes Ambiente erhielt.

Inge Braune, Fränkische Nachrichten, 14.11.2016, www.fnweb.de