Den Glauben teilen und neu entdecken
Das Geistliche Zentrum „Stadtkloster Maria Hilf” Bad Mergentheim steht unter neuer Leitung von Schwester Birgit Reutemann von den Franziskanerinnen aus Sießen.
Ihre Arbeit nahm Schwester Birgit am 1. Februar auf und trat damit die Nachfolge von Schwester Daniela Immler an, die seit 2016 mit dem Aufbau des Stadtklosters beauftragt war und im vergangenen Juni nach Isny im Allgäu wechselte.
Eröffnet wurde das Stadtkloster im November 2019 als Haus mit „offenen Türen”, das Angebote zum kirchlichen Leben im Dekanat Mergentheim machen wollte. Doch dann kam Corona und die zahlreichen Planungen, die dieses Zentrum als „Ort der Begegnung” heranwachsen lassen sollten, wurden auf Eis gelegt.
Spannende Herausforderung
Mit Schwester Birgit bekommt das Stadtkloster nun eine neue Leiterin und eine verdiente Pädagogin: 15 Jahre lang hatte sie den Posten der Rektorin der Ellwanger Mädchenrealschule und des Gymnasiums St. Gertrudis inne. Nun tritt sie mit großer Freude die spannende Herausforderung an, das Stadtkloster Bad Mergentheim mit neuem Leben zu erfüllen und zu einer Stätte der Begegnung für die katholische Kirchengemeinde St. Johannes und das Dekanat Mergentheim zu gestalten.
Die aus Friedrichshafen stammende Schwester Birgit Reutemann studierte nach dem Abitur Grund- und Hauptschullehrerin. Sie trat 1977 während ihres Studiums in die Gemeinschaft der Franziskanerinnen von Sießen ein. Nach dem Noviziat war sie im Internat und im Aufbaugymnasium im Kloster Sießen eingesetzt. Es folgte das Aufbaustudium zur Realschullehrerin in den Fächern Deutsch, katholische Theologie und Sport.
Der ganzheitliche Zugang zum Glauben ist für sie neben der theologischen Auseinandersetzung und Reflexion eine wichtige Säule der Persönlichkeitsbildung. Die Pastorale Arbeit im Raum Isny, Wangen und Leutkirch und die Leitung der Ordensausbildung und Generalvikarin (Stellvertreterin der Generaloberin) sind weitere Stationen im Leben von Schwester Birgit. Ihr Interesse an gesellschaftlichen Entwicklungen führte sie zu einem zweiten Studium in Philosophie und Soziologie, das sie mit dem Magister Artium abgeschlossen hat.
Sechs Franziskanerinnen leben derzeit im ehemaligen Kapuzinerkloster, das der Diözese Rottenburg/Stuttgart gehört. Trägerin ist die Katholische Kirchengemeinde St. Johannes Bad Mergentheim. Nach dem Rückzug der Mönche im Jahr 2015 wurde das Kloster für rund 3,2 Millionen Euro in das Geistliche Zentrum „Stadtkloster Maria Hilf” umgebaut und damit die Fortsetzung als Ordenshaus sichergestellt.
Vier Gästezimmer und Meditationsräume bieten Rückzugsmöglichkeiten für Menschen, die im Geistlichen Zentrum bei Besinnungstagen oder „Kloster auf Zeit” auf der Suche nach ihrem Glauben sind. Daneben wird es künftig Angebote wie etwa „Kreatives Schreiben” oder „Stille Tage” geben. Schwester Birgit: „Ich freue mich auf die Arbeit mit Menschen, auf offenen Begegnungen, darauf, neue Persönlichkeiten zu entdecken und den Glauben miteinander zu teilen oder entdecken zu können.” Viele Menschen, so die Ordensfrau im Gespräch mit unserer Zeitung, seien auf der Suche nach dem Sinn des Lebens und seien offen für Neues. Und genau hier möchte sie mit den Angeboten im Geistlichen Zentrum ansetzen und das Kloster als offenes Haus für Neuorientierungen gestalten.
Doch ihr Start ist coronabedingt nicht ganz einfach. Schwester Birgit: „Die Pandemie lässt uns nicht viel Spielraum und die Zeit des Lockdowns muss nun genutzt werden, sich Gedanken über die zukünftigen Angebote zu machen.” Dabei gibt es durchaus Überlegungen, mit Hilfe der neuen Medien Online-Angeboten wie etwa „Exerzitien im Alltag” anzubieten. „Man wird sehen, welche Anfragen kommen und wo Bedarf besteht”.
Glauben teilen und entdecken
Die Möglichkeit, das Leben und Denken aus der franziskanischen Spiritualität zu gestalten, den Glauben an sich selbst zu wagen und den Mut, zu entdecken, was in einem steckt, dieses Angebot möchte die 64-jährige, deren zweites Standbein die religiöse Bildungsarbeit ist, den Menschen machen: „Glauben miteinander teilen oder Glauben entdecken”.
Eine erste „Duftmarke” hat sie bereits gesetzt: „Die Klosterkirche ist immer wieder Anlaufpunkt für Gläubige”. Deshalb wurden nun jüngst Meditationsstationen aufgestellt, die zur Selbstreflexion und zum Innehalten gedacht sind. Daneben finden hier nach wie vor regelmäßig Gottesdienste und Anbetungen statt. Schwester Birgit: „Ich freue mich auf viele Begegnungen und möchte alle Menschen ermutigen, das Angebot des Geistlichen Zentrums wahrzunehmen”.
Auf ihre Zeit als Rektorin blickt die Ordensfrau dankbar und zufrieden zurück, doch jetzt schaut sie voll Spannung nach vorne, auf eine neue Herausforderung, die für die Stadt Bad Mergentheim zur segensreichen Einrichtung werden soll.
Barbara Kurz, Fränkische Nachrichten, 04.02.2021, www.fnweb.de