Ein „ermutigendes Zeichen” gesetzt

Zehn Jahre „Tafel Bad Mergentheim”: Jubiläum mit Gottesdienst, Festakt und Tag der offenen Tür gefeiert / „Bitter-süße Angelegenheit”

Annemarie Scheckenbach (Fünfte von rechts) und Bärbel Marczinski (Dritte von links) vom Leitungsteam der Bad Mergentheimer Tafel mit Ehrengästen und weiteren Akteuren der Tafeln im Landkreis. (Foto: Peter D. Wagner)

Die Jubiläumsfeierlichkeiten zum zehnjährigen Bestehen der Bad Mergentheimer Tafel starteten in der Schlosskirche mit einem ökumenischen Festgottesdienst, der gemeinsam von dem katholischen Dekan Ulrich Skobowsky und seinem evangelischen Kollegen Karl-Gottfried Kraft zelebriert wurde. Unter anderem berichteten in Interviews Annemarie Scheckenbach und Bärbel Marczinski vom Tafelleitungsteam über Alltagsleben, Aufgaben und Organisation bei der Tafel. Beide Pfarrer dankten den ehrenamtlichen Helfern der Tafeleinrichtung. In einer Predigt forderte Ulrich Skobowsky zu Güte und zu Barmherzigkeit auf.

„Das Jubiläum einer Einrichtung wie der Tafel ist eine bitter-süße Angelegenheit”, meinte Wolfgang Pempe, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes im Main-Tauber-Kreis, zum Auftakt eines Festaktes im Tafelladen mit zahlreichen geladenen Ehrengästen. Als „bitter” bezeichnete Pempe, der zudem den Festakt moderierte, die Notwendigkeit der Tafeln in dem an sich reichen Deutschland. Schön hingegen sei das Engagement der vielen Ehrenamtlichen, ohne die diese Einrichtungen nicht möglich seien. Zugleich dankte der Diakonie-Geschäftsführer nicht nur den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, sondern auch den beteiligten Lebensmittelmärkten und Sponsorenfirmen für die Unterstützung der Tafeln.

Über die Geschichte und Entwicklung der Tafel Bad Mergentheim und ihres Fördervereins berichteten Annemarie Scheckenbach und Steffen Hertwig, (Noch-)Vorsitzender des Fördervereins Bad Mergentheimer Tafel und neuer Oberbürgermeister der Stadt Neckarsulm. Im Jahr 2006 sei die Ur-Initiative „Essen, wo es hingehört” in „Hilfe, wo sie hingehört” überführt sowie anschließend durch die Trägerschaft des Diakonischen Werkes professionalisiert worden. Im selben Jahr sei auch der Förderverein gegründet worden, der damit parallel ebenfalls sein 10-jähriges Bestehen feiern könne. „Der Tafelladen, sein Helferteam und der Förderverein sind jedoch niemals eine Selbstverständlichkeit, denn eine rein auf Ehrenamt aufgebaute Organisation ist auch immer wieder gefährdet”, mahnte der noch kommissarisch amtierende Fördervereins-Vorsitzende, der zugleich allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern der Bad Mergentheimer Tafel dankte, bevor er von Pempe mit einem Präsent für sein gleichsam zehnjähriges Engagement als Vorsitzender des Fördervereins gewürdigt wurde.

„Sie leisten eine riesengroße Arbeit, die nicht immer einfach und aller Ehren wert ist”, zollte OB Udo Glatthaar dem Tafelteam seinen Respekt. Es brauche parallel zu kommunalen und staatlichen Mittel und Einrichtungen auch ehrenamtliches Engagement. „Die vielen Ehrenamtlichen sind ein wesentliches Herzstück für das gemeinschaftliche und soziale Leben in unserer Stadt und Region”, betonte der OB, der dem Team zudem viel Durchhaltevermögen für die weitere Zukunft wünschte. Geburtstagsglückwünsche der „kleinen Schwester”, nämlich der Lauda-Königshöfer Tafel des Diakonischen Werkes, überbrachte Jutta Steinmetz-Thees. „Die Gründung und der Werdegang dieser Tafel wäre ohne die Bad Mergentheimer Tafel nicht denkbar”, berichtete sie. Zugleich hob die Lauda-Königshöfer Fördervereinsvorsitzende die gute Zusammenarbeit zwischen beiden Tafeln hervor wie etwa bei einem neuen, gemeinsamen Kühlfahrzeug sowie beim Austausch von Erfahrungen und Ideen. „Es ist äußerst wichtig, Armut in all ihren Dimensionen zu erkennen und wirksame Strategien zu ihrer Bekämpfung zu entwickeln sowie konkrete und menschenwürdige Hilfe auch in Form der Tafelarbeit zu leisten”, betonte Steinmetz-Thees übereinstimmend mit den weiteren Grußrednern.

„Sie haben gemeinsam über die Jahre hinweg sehr vielen Menschen in unterschiedlichen Notlagen geholfen”, hob Elisabeth Krug hervor. Die Sozialdezernentin berichtete, dass der Main-Tauber-Kreis als freiwillige Leistung aus dem Sozialetat die Tafelarbeit im Kreis unterstütze. „Diese seit 2012 bestehende Förderung wollen wir natürlich auch im nächsten Jahr fortführen und hoffen auf positive Haushaltsberatungen in den nächsten Wochen”.

„Tafeln zeigen einerseits, dass es Menschen in unserem Land gibt, die nicht mithalten können, andererseits jedoch auch, dass es Menschen gibt, die davor nicht die Augen verschließen sowie diesen Menschen Engagement und Zeit schenken”, sagte Annerose Zaiser, Vorstandsmitglied des Landesverbandes der Tafeln in Baden-Württemberg, die Jubiläumsgrüße des Landesverbandes der Tafeln überbrachte.

„Mit ihrer Initiative haben Sie in Bad Mergentheim ein ermutigendes Zeichen mitmenschlichen Verhaltens gesetzt”, unterstrich MdB Dorothee Schlegel. Die Tafel sei für bedürftige Menschen eine wichtige Anlaufstelle in schwierigen Lebensphasen geworden. Andererseits führten Überkapazitäten wie etwa in Supermärkten dazu, dass an sich noch einwandfreie Lebensmittel weggeworfen würden. „Die Tafeln sorgen dafür, dass dieses Überangebot Bedürftigen zukommen kann”.

„Einerseits leben viele Menschen in unserer Gesellschaft wie eine 'Made im Speck', andererseits sind zahlreiche Bürger auf die Tafel angewiesen”, betonte MdB Alois Gerig, Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft des Bundestags. „Es ist sehr wichtig, dass Sie die Aufgabe als Vermittler übernehmen”, hob er in Anbetracht von elf Millionen Tonnen jährlich in Deutschland weggeworfener Nahrungsmittel sowie zum anderen der Bedürftigkeit vieler Bürger hervor.

Am Nachmittag präsentierte sich die Tafel Bad Mergentheim bei einem sehr gut besuchten Tag der offenen Tür der Öffentlichkeit. Eingangs dazu sorgte der Bad Mergentheimer Objekt- und Figurenkünstler Lothar Lempp für humorvolle Unterhaltung, indem er die Figuren eines Apfels, einer Banane und eines Salatkopfs aus ihrem Leben „erzählen” ließ. Musikalisch umrahmt wurden der Festakt und Tag der offenen Tür von Andreas Brasch an der Klarinette.

Peter D. Wagner, Fränkische Nachrichten, 09.11.2016, www.fnweb.de